Ermittlung des Kapitalbedarfs
Die sorgfältige Ermittlung des Kapitalbedarfs ist eine der wichtigsten Aufgaben bei einer Existenzgründung. Hier darf einerseits nicht zu knapp kalkuliert werden, da sonst sehr schnell Liquidationsprobleme auftauchen, andererseits zieht eine zu großzügige Kalkulation hohe Finanzierungskosten nach sich. Deshalb gehört zu jeder Gründungsplanung auch eine exakte Ermittlung des kurz- und langfristigen Kapitalbedarfs. Dieser Kapitalbedarf muss neben dem Eigenkapital auch vielfach durch Fremdkapital gedeckt werden. Das benötigte Fremdkapital wird dabei durch Bankkredite, vor allem aber durch zinsgünstige Kredite aus öffentlichen Förderprogrammen des Bundes und der Länder, bereitgestellt.
Ein hohes Eigenkapital verringert dabei die Gefahr von Liquiditätsproblemen. Denn diese können bereits bei kleineren Abweichungen von den Plandaten auftreten. Über ausreichendes Eigenkapital zu verfügen bedeutet aber auch, schnell und flexibel auf einen erneuten Finanzierungsbedarf zu reagieren. So gehen zum Beispiel Investitionen schnell einher mit Marktveränderungen. Insbesondere gilt das eingesetzte Eigenkapital für die Kredit gebenden Banken vielfach als eine Art Messlatte, um daraus die Ernsthaftigkeit des Gründungsobjekts zu erkennen. Das Risiko, eigene Mittel einzusetzen, überzeugt vom eigenen Vorhaben und bewegt somit eher zu einer weiteren Kreditvergabe. Gleichzeitig dient Eigenkapital auch als ein wichtiges Bonitätskriterium, denn je höher dieses ausfällt, desto geringer sind die Zinssätze für aufgenommene Kredite.
Insbesondere bei kleineren und mittleren Unternehmen spielt die Eigenkapitalquote eine entscheidende Rolle. Sie dient als wesentliches Kriterium, um zwischen risikoarmen und risikoreichen Unternehmungen unterscheiden zu können. Ermittelt wird die Eigenkapitalquote, in dem das Eigenkapital aus der Bilanz durch die Bilanzsumme dividiert wird. In diese Quote werden auch Gesellschafter-Darlehen, Darlehen von Familienangehörigen, Einlagen stiller Gesellschafter etc. mit einbezogen! Diese Eigenkapitalquote lässt sich zusätzlich durch Kapitalgeber wie Beteiligungsgesellschaften oder Business-Angels erhöhen. Zur Erhöhung der Eigenkapitalquote trägt auch derjenige bei, der zum Bilanzstichtag seine flüssigen Mittel zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet.
Eine weitere wichtige Kennzahl stellt der dynamische Verschuldungsgrad dar. Durch diese Zahlenanalyse lässt sich erkennen, in welchem Zeitraum ein Unternehmen seine Verbindlichkeiten zurückzahlt. Ist dieser Verschuldungsgrad niedrig gehalten, deutet dies darauf, dass ein Unternehmen schnell in der Lage ist, all seine Verbindlichkeiten abzubauen. In den Genuss flüssiger Mittel, ohne dass der operative Geschäftsbetrieb beeinflusst wird, kommt auch derjenige, der all sein nicht betriebsnotwendiges Vermögen verkauft. Alle kurzfristigen Verbindlichkeiten wie zum Beispiel Teile eines Kontokorrentkredits sollten in langfristige Darlehen umgeschuldet werden. Wer hingegen Banken- und Lieferantenkredite verstärkt beansprucht, sorgt für eine steigende Zinsbelastung und verschlechtert damit zusätzlich seine Liquidität.
Zusätzliche Liquidationsspielräume werden auch dadurch geschaffen, in dem Existenzgründer ihre Debitorenlaufzeit geringer halten als die Kreditorenlaufzeit. Denn diese Zwischenzeit muss ebenso finanziert werden. Wer also dafür Sorge trägt, dass Rechnungen pünktlich geschrieben werden, sorgt für zusätzliche Liquidität im Finanzbereich. Der Grund liegt nämlich in der Tatsche, dass die Debitorenlaufzeit immer erst ab dem Zeitpunkt beginnt, an dem die Rechnungen erstellt wurden. Gleiches gilt für das Verbuchen von Rechnungen, auch dies sollte noch am selben Tag erfolgen. Weiter ist auf eine ausreichende Kapitaldienstfähigkeit zu achten. Dies geschieht entweder durch Gewinne oder durch die Rückstellung von geplanten Investitionen. Dies sollte allerdings nicht zu häufig geschehen, denn mit der Rückstellung wird zwar die Kapitaldienstfähigkeit kurzfristig verbessert, andererseits gefährdet der Existenzgründer unter Umständen die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens. Besser wäre hier die Möglichkeit einer Tilgungsstreckung bzw. eines Tilgungsaufschubs. Eine langfristige Steigerung der Kapitaldienstfähigkeit ist allerdings ausschließlich durch Gewinnmitnahmen zu erreichen.
Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens lassen sich über die Rentabilitätskennzahlen darstellen. Sie dienen Eigen- und Fremdkapitalgebern deshalb als Grundlage für ihre Investitionsentscheidungen. Wer die Rentabilität seines Unternehmens klein hält, schließt damit auch jegliche Wachstumschancen aus. Wer die Rentabilität eines Unternehmens steigern möchte, muss entweder die Erlöse erhöhen oder die Kosten senken – eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Als Grundlagen zur Berechnung der Rentabilität dient die Gewinn- und Verlustrechnung, je nach Bedarf sind hieraus entsprechende Optimierungsmöglichkeiten durchzuführen.
Mit speziellen Förderprogrammen des Bundes bietet die KfW Mittelstandsbank Existenzgründern mit einem tragfähigen Konzept so genannte Nachrangdarlehen an, die ebenso eine Eigenkapitalfunktion erfüllen. Eine andere Möglichkeit, Eigenkapital in das Unternehmen fließen zu lassen, ist die Aufnahme von Geschäftspartnern. Die Vorteile dieser Finanzierungsvariante ist nicht nur die tatkräftige monetäre Unterstützung, sondern auch das zusätzlich ins Unternehmen eingebrachte Know-how. Auf diese Weise können die Lebenschancen eines gerade noch jungen Unternehmens deutlich erhöht werden. Wer sich einen eigenen Partner im Unternehmen nicht vorstellen kann, kann an dieser Stelle auch zu öffentlich geförderten Kapitalbeteiligungsgesellschaften greifen. Diese sind durchaus in der Lage, Beteiligungssummen ab 50.000 Euro in Form einer Stillen Beteiligung mit äußerst günstigen Konditionen zu investieren.
Bietet das Gründungskonzept zwar riskante, aber auch überdurchschnittliche Chancen, sollte auf private Kapitalbeteiligungsgesellschaften zurückgegriffen werden. Diese so genannten Venture-Capital-Gesellschaften setzen nicht nur deutlich höhere Summen ein, die bei 500.000 Euro beginnen, sie erwarten im Gegenzug entsprechend auch höhere Renditen. Venture-Gesellschaften bieten den Unternehmen sowohl hohe Finanzierungskompetenz als auch sehr gute Beratungen bei allen wichtigen Unternehmensentscheidungen. Technologieorientierte Gründungen sollten über die Technologie-Beteiligungsgesellschaft mbH durchgeführt werden. Die Anbieter arbeiten im Verbund mit privaten Beteiligungspartnern oder mit Beteiligungsgesellschaften.
Wer als Gründer eine erfolgreiche Kapitalbeschaffung sicherstellen will, benötigt hierfür einen gelungenen Businessplan. Dieser sollte neben einer konkreten Ausarbeitung der Geschäftsideen auch alle wichtigen Ziele und Strategien beschreiben. Auf diese Weise stellt der Existenzgründer klar, wie er sein Projekt verwirklichen will und dass sein Plan auch den notwendigen Erfolg verspricht. Nur wer in der Lage ist, seine Geschäftsidee weiter zu entwickeln, bspw. durch die Gegenüberstellung von Ist- und Planangaben, zeigt auf, dass es sich lohnt, in dieses Unternehmen zu investieren. Existenzgründer, die gleich mehrere Produkte oder Dienstleistungen anbieten, sollten darauf achten, dass sie jedes Angebot zu einer eigenen strategischen Geschäftseinheit machen. Denn bei derartigen Mehrangeboten sind vielfach weder die Märkte noch die Zielgruppen identisch.
Die meisten Banken stellen ihre Bonitätseinschätzungen ihrer Firmenkunden auf ein Gesamtrating ab, welche neben den quantitativ ermittelbaren harten Faktoren und die Kennzahlen des Unternehmens auch die qualitativen weichen Faktoren sowie die Branche, in dem sich das Unternehmen befindet, umfassen. Die harten Faktoren umfassen dabei die Kennzahlen aus Bilanz- und Jahresabschluss-Analyse (Gewinn/Verlust, Eigenkapitalquote, Rentabilität, Umsatz, Marktanteil, Wachstum, Investitionsvolumen). Management und die vom Unternehmer verfolgten Strategien bestimmen hingegen die weichen Faktoren (Qualität des Managements, Personalentwicklung, Nachfolgeregelung, Notfallpläne, Informationssysteme, Kostenrechnung, Qualität der Prozesse).