Restschuldversicherung – nützlich oder sinnlos


Eine Restschuldversicherung wird auch als Kredit-Lebensversicherung bzw. Restkreditversicherung bezeichnet. Diese Versicherung sollte im Normalfall zum Einsatz kommen, wenn Kreditraten aus gewissen entschuldbaren bzw. vertraglich vereinbarten Gründen vom Versicherungsnehmer nicht mehr gezahlt werden können. Für den Kreditnehmer kann eine Restschuldversicherung eine zusätzliche Kreditsicherheit darstellen. 11.600 Euro betrug die Durchschnittshöhe der neuen Restkreditversicherungen in Deutschland im Jahr 2009.

Restschuldversicherungen werden häufig im Zuge einer Kreditaufnahme abgeschlossen. Sie sollen für den Versicherungsnehmer eine gewisse Absicherung darstellen im Falle seines unerwarteten Todes, einer Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit oder unverhofften Arbeitslosigkeit. Situationen und Lebensumstände also, in denen es umso schwieriger werden könnte, regelmäßig die geforderten Raten an einen Kreditgeber zurückzuzahlen. Im Todesfall des Versicherungsnehmers wird die noch ausstehende Restschuld des Kredits durch die Versicherungsleistung getilgt bzw. in Krankheitsfällen oder bei Arbeitslosigkeit sollten die fälligen Raten von der entsprechenden Restschuldversicherung übernommen werden. Jedoch scheinen gerade bei der Restschuldversicherung diese Vereinbarungen einer so schwammigen Formulierung zu unterliegen, dass es die Versicherung häufig als eine Auslegungssache behandelt wie von Fall zu Fall zu entscheiden ist. Beispielsweise wird bei Arbeitslosigkeit eines Versicherungsnehmers nur für einen Zeitraum von 12 Monaten die Ratenzahlung übernommen.

Grafik zur Restschuldversicherung: Funktionsweise und Gefahren

Fallbeispiel

Wie vielseitig auslegbar die vertraglichen Vereinbarungen einer Restschuldversicherung sein können, zeigt das folgende Beispiel. Finanztest 06/2013 berichtet von einer Klägerin, die ebenfalls Versicherungsnehmerin einer Restschuldversicherung war. Sie reichte beim Oberlandesgericht Hamm gegen ihre Versicherung Klage ein. In dieser formulierte die Altenpflegehelferin einen Anspruch auf Leistungen bei ihrer Restschuldversicherung. Grund war die Diagnose „Weichteilrheuma“, die eine auf unabsehbare Zeit einhergehende Krankschreibung zur Konsequenz hatte. Die Klägerin forderte die ihr versprochenen Leistungen bei ihrer Restschuldversicherung ein. Das Problem bestand darin, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits einen Bankkredit abzuzahlen hatte. Genau diese Raten sollten von der zuständigen Versicherung übernommen werden. Das Ergebnis ihrer Forderung war mehr als ernüchternd: die verantwortliche Versicherung weigerte sich die Ratenzahlung des Bankkredits zu übernehmen. Daraufhin kam es schließlich zur Klage gegen diese Restschuldversicherung. Aufgrund der Sachlage, entschied das Oberlandesgericht, dass Versicherungsleistungen auch dann nicht ausgeschlossen werden dürften, wenn der Erkrankte theoretisch einer anderen beruflichen Tätigkeit nachgehen könnte. Dies würde auf Dauer zu einer inadäquaten Behandlung der versicherten Kunden führen. Außerdem sei es für den Erkrankten zum Teil unzumutbar einem Beruf nachzugehen, den er ein Leben lang, nicht ohne Grund, nicht ausgeübt hatte. Das Oberlandesgericht entschied gegen die Klausel, welche die Restschuldversicherungen in ihre Bedingungen aufgenommen hatte.

Restschuldversicherungen lohnen sich nicht in jedem Fall. Eher ganz im Gegenteil: sie können eine echte „Kostenfalle“ darstellen, vor allem, wenn es um die Übernahme der Abzahlung von Ratenkrediten geht.

Ratenkredite können zur Kostenfalle explodieren

In der Praxis spricht man gerne davon, dass eine Restschuldversicherung nicht mehr darstelle als ein kostspieliger und unnötiger Luxus. Verträge können inhaltlich unterschiedlich ausgestaltet werden, in dem sie entweder einzelne Elemente oder aber auch ein komplettes Spektrum absichern. Was bei erster oberflächlicher Betrachtung wie eine folgerichtige Kreditergänzung klingt, ist bei genauerem Hinschauen nur ein prima Zusatzgeschäft für die Banken. Eine solche Restschuldversicherung ist teuer. Sie wird von Banken zwar gerne direkt mit dem angeforderten Kreditantrag verkauft, jedoch handelt es sich genau genommen um zwei separate Verträge. Durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wird die Sachlage wie folgt erläutert: Kunden werde volle Entscheidungsfreiheit eingeräumt zum Zeitpunkt des Abschlusses der Restschuldversicherung, sei dies nun im Zusammenhang mit einer Kreditvergabe oder auch auf einem anderem Weg.

Eine Restschuldversicherung ist nicht zu empfehlen, wenn …

Das Problem bei der Sinnhaftigkeit einer Restschuldversicherungen sieht wie folgt aus: in den meisten Fällen beinhaltet sie nicht die notwendige Absicherung, die sich Versicherungsnehmer erhoffen bzw. wie sie gerne von Versicherungen suggeriert wird. Das beginnt damit, dass in den ersten drei Monaten nach Versicherungsabschluss erst einmal mit keinerlei Versicherungsleistung gerechnet werden darf. Versicherte, die von einer plötzlichen Arbeitslosigkeit betroffen sind, können mit der fortgesetzten Ratenzahlung ihrer Restschuldversicherung nur ganze zwölf Monate rechnen, danach ist Schluss und es wird kein Cent mehr gezahlt. Dies erklärt der Chef der FMH-Finanzberatung, Herbst. Diese Aussagen werden durch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bestätigt. Diese bemerkt, dass die Vertragsbedingungen genauestens gelesen werden sollten, denn die Versicherungsleistungen sind dann, wenn sie am nötigsten gebraucht werden, häufig in Frage zu stellen. Hinzu kommt, dass die Darlehensgeber ihre Versicherungsleistungen stets nur sehr kostenintensiv anbieten. Die Kosten werden häufig als Einmalprämie für die Gesamtlaufzeit des Kredits abgerechnet und dann fällig bei Vertragsabschluss.

Wenn die Bank ihren Kunden die Restschuldversicherung obligatorisch auferlegt, befindet sie sich im Zugzwang und muss dies im jährlichen Effektivzins des Kredits mit angeben. Sollte der Kreditnehmer allerdings bereits über eine Unfall- bzw. Lebensversicherung verfügen, ist es keineswegs notwendig zusätzlich eine Restschuldversicherung abzuschließen. Für eine freiwillige Restschuldversicherung allerdings müssen die Kosten nicht in den effektiven Jahreszins eingerechnet werden.

Eine Restschuldversicherung ist zu empfehlen, wenn …

… bereits Aktivitäten im Rahmen einer Baufinanzierung angestrebt wurden sind. An dieser Stelle ist das Entscheidende, das die Hinterbliebenen des Versicherungsnehmers ausreichend abgesichert sind für den Fall des Todes des Kreditnehmers. Vor allem, wenn die Raten in der Familie von einer Person gezahlt werden. Je nachdem wie ein Vertrag ausgestaltet wurde, ist die Regelung im Todesfall des Kreditnehmers wie folgt: die Raten werden komplett übernommen oder zumindest zum großen Teil. Erstaunlich sind jedoch nach wie vor die gigantischen Preisunterschiede bei den einzelnen Versicherungen, das stellte auch Stiftung Warentest fest, welche einige Restschuldversicherungen genauer unter die Lupe nahm. Ihre Empfehlung lautet: bei einem Vergleich nicht immer auf die Jahresbeträge aus dem ersten Jahr, sondern vielmehr auf den Barbetrag zu achten. Der Barbetrag gibt den einmaligen Betrag an, der bei Vertragsabschluss zur Verfügung gestellt werden müsste, damit auch zukünftige Beiträge problemlos gezahlt werden können. Nach der Höhe des Barwertes richtet sich ebenfalls die Beitragshöhe. Man kann also davon ausgehen, desto teurer eine Restschuldversicherung ist, desto höher sind die Barbeträge.

Eine Restschuldversicherung muss jedoch nicht unbedingt bei der eigenen Hausbank abgeschlossen werden. Ebenso wenig ist man gezwungen beim eigenen Bankunternehmen einen Kredit aufzunehmen. Das kann man unter Angabe des Schufa-Nachweises bzw. ausreichender Bonität auch bei einer anderen Bank erfragen. Für einen Vorab-Blick können Sie natürlich gerne jederzeit einen Finanzierungsvergleich über unser Portal starten bzw. sich zu Finanzierungsbesonderheiten informieren. Anbei finden Sie diverse Rechner, die Ihnen unter Angabe des Verwendungszweckes, der Beträge sowie gewünschten Laufzeiten die entsprechenden Daten wie die monatliche Rate, den effektiven Jahreszins ausgibt. Sie können auf Wunsch sogar direkt zum Eröffnungsantrag gelangen.

Verbraucherzentralen und Restschuldversicherungen – ein ewiger Kampf

Restschuldversicherungen sind den Verbraucherzentralen schon lange ein Dorn im Auge. Obwohl eng mit dem Darlehen verknüpft, fließen die horrenden Prämien nicht in die Berechnung des effektiven Jahreszinses mit ein, und machen somit den Vergleichsfaktor völlig überflüssig. Immer wieder haben Verbraucherzentralen dagegen geklagt, auch wegen Zinswuchers, aber erfolglos.

Der BGH: Weshalb das Konstrukt zinsneutral sei

Mehrere Gerichtsurteile, unter anderem ein Urteil des BGH vom 29.11.2011 (XI ZR 220/10), gaben den Banken Recht, dass die Prämie nicht in den effektiven Jahreszins einfließen müsse, wenn der Abschluss der Police nicht zwingend Bestandteil des Kreditvertrages sei. Hintergrund für das oben genannte Urteil war eine Klage der Verbraucherzentrale Hamburg, da der effektive Jahreszins bei Berücksichtigung der Versicherungsprämie als Kreditkosten sittenwidrig hoch, sprich Zinswucher, gewesen wäre

Getrennte Rechtsträger

Zunächst einmal handelt es sich um zwei getrennte Verträge von zwei verschiedenen Produktgebern. Den Kreditvertrag schließt der Darlehensnehmer mit der Bank, den Vertrag für die Restschuldversicherung mit der Versicherungsgesellschaft. Beide Verträge sind rechtlich selbstständig.
Daran ändert auch der Sachverhalt nichts, dass die Prämie für die Police in der Regel als Einmalbeitrag gezahlt und auf die Kreditsumme aufgeschlagen wird. Abhängig vom Alter des Kreditnehmers und der Laufzeit des Vertrages kann aus einer Kreditsumme von 16.000 Euro durch den Versicherungsbeitrag schnell ein Kreditvolumen von 24.000 Euro werden. Dieses Beispiel führte Michael Knobloch, Vorstand Verbraucherzentrale Hamburg, an.
Der BGH argumentierte im oben zitierten Urteil weiter, dass durch die Police beiden Parteien sogar ein Vorteil entstünde. Der Kreditnehmer sicherte seine Hinterbliebenen vor der Kreditbelastung im Fall seines Todes ab. Die Bank war nicht dem Risiko ausgesetzt, dass es im Todesfall zu einer Verzögerung bei der Rückführung des Darlehens komme.

Wie wirkt sich die Restschuldversicherung auf die Zinsen aus?

Das Vergleichsportal Check24 hat im Juli 2017 eine Beispielrechnung aufgemacht, wie sich eine Komplettabsicherung für

  • Todesfall des Kreditnehmers
  • Übernahme der Raten bei Arbeitsunfähigkeit
  • Übernahme der Raten bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit

auf das ursprüngliche Darlehen und den effektiven Jahreszins auswirkt. Grundlage war der Angebotsvergleich von zehn Banken für ein Darlehen über 10.000 Euro mit einer Laufzeit von 84 Monaten. Da die Prämie mitfinanziert wurde, stieg das Kreditvolumen entsprechen, im teuersten Fall auf 12.838,49 Euro – ein Plus von über 25 Prozent gegenüber dem eigentlich gewünschten Kreditbedarf.

Kosten Teuerstes Angebot Durchschnitt Preiswertestes Angebot
Gesamtkosten inkl. Zinsen 1.135,45 Euro 1.944,75 Euro 3.591,84Euro
Versicherungsprämie ohne Zinsen 994,89 Euro 1.612,11 Euro 2.838,49 Euro
Kosten monatlich ohne Zinsen 11,84 Euro 19,19 Euro 33,79 Euro
Effektiver Jahreszins  ohne Versicherung 3,75 Prozent 5,11 Prozent 6,98 Prozent
Effektiver  Jahreszins mit Versicherung 6,74 Prozent 10,15 Prozent 16,09 Prozent
Quelle: Check24.de

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Verbraucherschützer immer wieder dagegen Sturm laufen, dass diese Zusatzkosten bankseitig nirgendwo ausgewiesen werden.

Wer steckt hinter dem „Bündnis gegen den Wucher“?

Die Verbraucherzentralen Sachsen und Hamburg, das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen, IFF, und der Rechtsanwalt Udo Reifner, ebenfalls aus Hamburg, sehen dringenden Handlungsbedarf bei einigen kostenintensiven Bankprodukten. In erster Linie sehen hier die teilweise immer noch absurd hohen Überziehungszinsen einiger Banken und eben die Verwässerung der Kreditkosten durch Restschuldversicherungen.

Das von Knobloch angeführte Beispiel sei repräsentativ dafür, wie Menschen durch unnötig hohe Kosten am Ende in eine Kreditspirale getrieben werden, die mehr als einmal in einer Verbraucherinsolvenz enden würde.

Damit diese Fälle von Wucher aufgedeckt werden könnten, hat das Bündnis ein Tool entwickelt, welches sehr leicht nachweist, ob der Bankkunde sittenwidrige Konditionen tragen muss. Mit diesem Nachweis sei es leichter, die Diskussion in die Öffentlichkeit zu tragen und vor Gericht eher Bestand zu haben, so Knobloch gegen über dem Versicherungsfachportal pfefferminzia.de.

Die Überprüfung der Verträge könne bei den Verbraucherzentralen Hamburg, Sachsen und dem IFF durchgeführt werden.