Leitfaden für Kreditverhandlungen

Während die Auswirkungen der zukünftigen Eigenkapitalerhöhung bei den Banken im Rahmen von Basel III derzeit fast ausschließlich aus der Sicht der Kreditinstitute dargestellt werden, scheinen die Folgen für künftige Kreditnehmer kaum der Rede Wert zu sein. Zwar haben sich die Anforderungen an Bonität, Eigenkapital und Sicherheitsleistung der Kreditnehmer in den letzten 15 Jahren trotz Basel I und II nur unwesentlich verändert. Verändert haben sich hingegen strukturelle Entscheidungswege und -kompetenzen sowie die Methoden der Risikobeurteilung, da diese wesentliches Kernelement der Bestimmung der Größe des für einen Kredit zurückzulegenden Eigenkapitals der Bank darstellt. Seitdem sich die neuen Basel III-Vorschriften in der öffentlichen Diskussion befinden, machen die meisten Banken Druck: Von einem erforderlichen „offiziellen Kreditrahmen“, von „werthaltigen Sicherheiten“ ist plötzlich ebenso die Rede wie von „nicht mehr möglichen Kontoüberziehungen“, die „auf Zuruf“ erfolgen.

Künftige Kreditnehmer müssen daher davon ausgehen, dass es in den kommenden Jahren und je nach individueller Kreditwürdigkeit noch schwieriger werden dürfte, einen Kredit zu angemessenen Konditionen zu erhalten. Denn was letztlich unter dem Begriff „angemessen“ zu verstehen ist, entscheiden eben die Kreditinstitute und nicht mehr die Kreditnehmer. Wer künftig noch einen angemessenen Kredit erhalten will, benötigt von daher einen persönlichen Leitfaden für die die Kreditverhandlung, denn die Verhandlungsspielräume werden durch Basel II immer geringer. Zu standardisiert sind die künftigen Finanzierungen der Banken aufgebaut, begonnen bei den Zinssätzen, den Bearbeitungsgebühren, weiter zu den Sicherheiten über die Laufzeiten bis hin zur Festlegung der maximalen Kredithöhe. Hier bieten die wenigsten Banken einen Verhandlungsspielraum.

Geringe Abweichungen erfahren lediglich noch Privatkunden von Institut zu Institut, bei Firmenkrediten hingegen wird jede Einzelheit des Kreditgeschäfts individuell vereinbart. Wer hier als Firmeninhaber nur schlecht über sein Unternehmen informiert ist und gegenüber dem Bankmitarbeiter lediglich ein ungenaues bzw. unrealistisches Bild abgeben kann, hat hier bereits „verloren“. Firmeninhaber müssen heute in der Lage sein, jede Frage durch den Bankmitarbeiter beantworten zu können. Und: Sie müssen vor allem die bisherigen Vereinbarungen mit der Bank inklusive deren Umfang exakt kennen. Der Betriebsinhaber muss sich also bei Beantragung einer neuen Finanzierung über die alten Konditionen, Sicherheiten, Kontoumsätze sowie in der Vergangenheit aufgetretene Mängel und Fehler im Klaren sein. Gleiches gilt für die Vorstellungen, die ein Betriebsinhaber an seine Bank hat.

Eines muss jedem Kreditnehmer klar sein: Die Bank selbst ist immer bestens vorbereitet. Wer dies nicht bedenkt, landet schnell in der Defensive. Nur wer in der Lage ist, von sich selbst aus die Initiative zu einem Gespräch zu ergreifen, kann bei seinem Bankmitarbeiter Vorteile erzielen. Dabei gehört aber nicht nur, Gutes über das Unternehmen zu erzählen, auch das Negative ist wichtig. Nur durch Offenheit kann ein Kreditnehmer erreichen, eine Verbesserung seiner Zins- und Sicherungsbedingungen zu erreichen. Keinesfalls darf der Eindruck erweckt werden, der Firma gehe es nur gut, denn eine Bank wird das Negative auf die eine oder andere Weise selbst erfahren. In diesem Fall tritt der Umkehrschluss ein: Die Bank fordert nunmehr den Kreditnehmer auf, Klarheit zu schaffen. Und das ist stets ein ungünstiger Zeitpunkt, wenn ein Firmeninhaber gerade in einer Krise steckt. Für diese Fälle ist es dann doch vorteilhafter, einen sachverständigen Begleiter an seiner Seite zu haben, der nicht nur eine eigene Meinung hat, sondern sich auch ein eigenes Urteil bilden kann. Dadurch können nicht nur Missverständnisse innerhalb eines Kreditgesprächs vermieden werden, der Kreditnehmer unterstreicht dadurch auch die Wichtigkeit seiner Unterredung.

Private wie unternehmerische Personen benötigen von nicht nur aussagekräftige, sondern vor allem angemessen zusammengestellte Informationen über den derzeitigen Stand ihres Unternehmens/ihres Vorhabens/ihrer Geschäftsidee. Hierzu gehört auch, bei Kreditgebern, Investoren oder aber bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel die Ist-Situation exakt darzulegen. Einen zielgerichteten Auftritt erreicht nur derjenige, der sein spezifisches Know-how durch Reports, durch Positionspapiere, durch Ratings oder durch Finanzierungspläne untermalt. Sammeln Sie von daher alle nur erdenklichen Informationen.

 

Checkliste der qualitativen Analysebereiche

Strategie
  • Welche strategischen Ziele verfolgen Sie?
  • Wer generiert strategische Ziele?
  • Welche Planungsinstrumente nutzen Sie?
  • Wird die strategische Planung über Finanzrechnungen abgebildet?
Controlling
  • Welche Aufgaben hat das Controlling in Ihrem Unternehmen?
  • Welche Instrumente nutzen Sie?
  • Wie werden Investitionsentscheidungen getroffen?
  • Welche Instrumente der Kostenrechnung nutzen Sie?
Risikomanagement (KonTraG)
  • Wie ist Ihr Risikomanagement organisiert?
  • Welche Risikobereiche stehen im Vordergrund?
  • Wie sehen Sie selber Ihre Risikoposition im Sinne eines Fortbestandsrisikos des Unternehmens?
Finanzstatus und Finanzrisiken
  • Wie ist Ihr Finanzmanagement strukturiert?
  • Gibt es ein Cash Managementsystem?
  • Welche Kreditlinie haben Sie bei Ihren Banken? (Finanzstatus)
  • Wer sind die Kreditgeber?
  • Wie werden die  Kreditlinien gepflegt?
  • Bestehen die Finanzierungsalternativen Leasing/Factoring?
Kunden- und Lieferantenprozess
  •  Wie ist die Vertriebsstruktur gegliedert?
  • Wie sind die Umsatzanteile wichtiger Kunden?
  • Liegen Abhängigkeiten vor?
  • Gibt es Forderungsausfälle oder Insolvenzen bei Kunden?
  • Welche Instrumente des Debitorenmanagements nutzen Sie?
  • Wie erfolgt die Lieferantenauswahl?
  • Welche Kriterien liegen Ihrer Angebotsanalyse im Einkauf zugrunde?
  • Wichtigste Debitoren/Kreditoren?
  • Auftragslage und Kapazitäten?
Produkt- und Marktperspektiven
  • Wie sieht das Produktprogramm aus?
  • Wie wird die Produktentwicklungsfähigkeit beurteilt?
  • Welches Marktpotenzial sehen Sie?
  • Liegen Wettbewerbsanalysen vor?
  • Wie schätzen Sie Ihr Marktverhalten ein?
  • Wie kann das Marktverhalten der Mitbewerber beschrieben werden?
Inhaber, Management, Mitarbeiter
  •  Wie erfolgt die Personalbeschaffung?
  • Welche Ansätze der Personalförderung gibt es?
  • Sind Nachfolgeregelungen geklärt?
  • Sind Inhaber im Management?
  • Wie ist die Qualifikation/Ausbildung?
  • Fluktuation bei leitenden Angestellten?
  • Welche Wechsel gab es in den letzten drei Jahren?
  • Welche Wechsel sind geplant?
Prozess- und IT-Strukturen
  •  Wie sieht das Krisenmanagement bei betrieblichen Störfällen aus?
  • Sind technische Ausfallrisiken bekannt?
  • Welches Schutzkonzept gibt es bei Kerneinrichtungen?
  • Wie sieht das Logistik-Konzept aus?
  • Wie ist der Integrationsgrad der IT?
  • Ist Standardsoftware im Einsatz?
  • Wie ist die Qualität der Anlagen?
  • Beurteilung des Standorts?

Wer beurteilen will, ob die eigene Bank ein entsprechend gutes Angebot macht, muss sich vorab auch über die jeweiligen Zinssätze bei anderen Banken informieren. Mittelständische Unternehmen oder Selbständige sollten neben einem Postgirokonto noch über zwei weitere Bankverbindungen verfügen, denn nur auf diese Weise kann auch entsprechend die Konkurrenz belebt und die eigene Position dadurch erheblich verbessert werden. Wer über zwei Kreditverbindungen verfügt, hört nicht nur eine Meinung, zudem können auf diese Weise leichter Konditions- und Servicevergleiche angestellt werden.

Wer zu irgendeinem Zeitpunkt über eine Kreditvergabe nachdenkt, sollte frühzeitig das Gespräch mit seiner Bank suchen. Wer ein Gespräch mit seiner Bank bereits vor einer Kreditinanspruchnahme sucht, zeigt Weitblick. Man signalisiert der Bank nicht nur eine starke Position, sondern weiß bereits im Vorfeld, mit welchen Kreditrahmen man rechnen kann. Dies ist gerade deshalb so wichtig, weil man auf diese Weise eine entsprechende Kalkulationsbasis für das eigentliche Kreditgespräch erhält. Gleichzeitig besteht für den Kreditnehmer die positive Situation, auch noch entsprechend durch die Bank beraten zu werden. Hiervon können Kreditnehmer nur profitieren, weil die Bank nunmehr erklärt, was ihr geeignet erscheint. Der Kreditnehmer erfährt auf diese Weise bereits im Vorfeld seiner Kreditaufnahme, welche Investitionen bzw. Finanzierungen auch zu seiner „Bilanz“ passen. Jetzt haben Kreditnehmer immer noch die Möglichkeit, sich zu überlegen, ob nicht etwa eine andere Bank in Betracht kommt oder ob nicht mit öffentlichen Fördermitteln finanziert werden sollte.

Der Unternehmer sind Sie! Als Kreditnehmer oder als Unternehmer sind Sie für Ihr Projekt oder Ihr Unternehmen zuständig. Und zwar alleine! Ihre Haus- oder Kredit gebende Bank kann nicht auf Dauer unternehmerisch für Sie denken. Zudem haben die meisten Bankberater nicht die hierzu notwendigen Branchen- und Marktkenntnisse. Im Umkehrschluss sollten Sie ebenso bei Ihrer Bank nach der jeweiligen Stellung und Entscheidungsbefugnis Ihres Bankberaters/Gesprächspartners achten. Denn nur auf diese Weise wissen Sie, was er selbst entscheiden kann bzw. wo er interne Stellen innerhalb der Filiale einschalten muss. Dass Ihr Gesprächspartner bei der Bank ihren Rang und Bildungsgrad zumindest gleichwertig besitzt, das können Sie von Ihrer Bank erwarten.

Auch kritische Zeiten mit Hilfe der Bank überstehen

Selbstverständlich hat jede Bank ihre Vorschriften, die es einzuhalten gilt, sowie interne Richtlinien und Geschäftsgrundsätze, die sie beachten muss. Dadurch soll verhindert werden, dass Bankmitarbeiter über bestimmte Grenzen/Kompetenzen hinausgehen. Wer zum Beispiel einen Kredit ab 25.000 Euro wünscht, der muss entsprechend seiner Bank einen regelmäßigen Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse geben. Bei Unternehmern geschieht dies über die Jahresabschlüsse, verbunden mit einer Kommentierung der Bilanzzahlen sowie einer Aussage über die weitere Geschäftsentwicklung. Unternehmer tun also gut daran, über ihre Bilanzzusammenhänge möglichst genau Bescheid zu wissen. Denn die Geschäftspolitik ergibt sich letztlich aus der Gewinn- und Verlustrechnung bzw. aus der Bilanz. Wer dann noch den entsprechenden Weitblick wahrt, kann sich entsprechend einen Kreditrahmen zusagen lassen, der seinem höchstmöglichen Bedarf entspricht. Wer seine geschäftlichen Erwartungen für die nächste Zukunft im Auge behält, schützt sich vor möglichen Kreditüberschreitungen.

Hierzu gehört auch, nicht alle angebotenen Kreditkonditionen einfach zu akzeptieren, alles muss vorher geprüft und mit Konkurrenzbanken verglichen werden. Die entsprechenden Zinssätze lassen sich dann entweder variabel oder für eine bestimmte Zeit fest vereinbaren. Ausnahme: der Kontokorrentkredit. Dieser wird nur mit Zinssätzen angeboten, die die Bank jederzeit einer veränderten Marktlage anpassen und auch aufkündigen kann. Wer hier über ein weiteres Konto verfügt, kann mit seiner Kreditlinie entsprechend auf die andere Bank ausweichen, falls diese günstiger ist. Wer innerhalb seiner Kreditlaufzeit das Zinsänderungsrisiko vermeiden will, muss einen Festzinssatz aushandeln. Problemlos lässt sich ein solcher bei einem längerfristigen Investitionskredit erreichen. Dies gilt allerdings nicht für Hochzinsphasen, hier sollte neben einem veränderlichen Zinssatz auch die Form eines Zwischenkredits für zusätzliche Investitionen gewählt werden.

Kreditnehmer sollten bei einer Langzeitfinanzierung auch entsprechende Spezialinstitute ins Auge fassen, bspw. die Industriebank mit Sitz in Düsseldorf oder die Landes- und Hypothekenbank. Gleichfalls sollte die Alternative „Leasingfinanzierung“ durchgerechnet werden. Was das Bieten von Sicherheiten anbelangt, sollte man sich auch als Kreditnehmer nicht zu großzügig zeigen (sog. Übertriebene Sicherheiten), denn mit jeder Hingabe von Sicherheiten wird auch entsprechend der Kreditspielraum verkleinert. Der Grund: Erst wenn der Kredit abbezahlt ist, gibt die Bank die Sicherheiten frei. Dabei sollte die Bank nicht nur auf eine Grundschuld bestehen, sie sollte vielmehr auch nachrangigere Sicherheiten akzeptieren (vorausgesetzt, diese passen in den Beleihungsrahmen). In der Regel genügt ein nachrangiges Grundpfandrecht, wenn der erste Rang derselben Bank eingeräumt wurde.

Prüfen Sie auch bei bereits bestehenden Krediten stets die Möglichkeit nach billigeren Finanzierungsalternativen. Dies beginnt beim Wechseldiskontkredit über Factoring bis hin zum Rückgriff auf öffentliche Hilfen. Hierzu sollten entsprechende Informationen zu allererst über die Industrie- und Handelskammern, und erst danach bei der Bank eingeholt werden. Dies bietet zudem den Vorteil, Geschäft und Privates getrennt voneinander zu halten, denn jegliche eintretende Zahlungsschwierigkeit eines Unternehmers wirkt sich entsprechend auch auf die Haftung des privaten Vermögens aus. Andererseits kann auch die Vertrauensposition dadurch gestärkt werden, wenn private und geschäftliche Transaktionen über ein Kreditinstitut laufen. Hier kann es durchaus vorkommen, dass die Bank dann mit entsprechenden Konditionszugeständnissen im Kredit- und Kontoführungsbereich entgegen kommt.

Nebenabsprachen: Alles schriftlich festhalten

Kreditnehmer sollten sich alle mündlichen Absprachen in Schriftform abfassen lassen, insbesondere dann, wenn es um Provisionen oder Gebühren geht. So fallen bspw. Neben Kredit-, Bereitstellungs- und Überziehungsprovisionen auch noch Kontoführungsgebühren, Porto- und Auszugskosten, Auskunftsgebühren sowie Gebühren für Sicherheitenbestellungen und Schätzgutachten an. Viele dieser Gebühren müssen durch den Kreditnehmer erst gar nicht hingenommen werden (sie sind allerdings erlaubt!). Ein ebenso wichtiger Punkt, der fast nie angesprochen wird, ist die Wertstellung bei Kontobewegungen. Denn heute ist es üblich, dass Gutschriften nie am selben Tag auf dem Konto zinsmäßig gut geschrieben werden, während Abbuchungen stets am selben Tag erfolgen. Die meisten Menschen übersehen dabei, dass eine solche debitorische Kontoführung auch stets Zinsen kostet.

Wer über größere Kontobewegungen verfügt, sollte sich bei seiner Bank die Valutierungen für jede Buchungsart entsprechend einzeln aushandeln lassen. Vielfach werden auch Kredite (gleich welcher Art) auf einem Sonder- bzw. einem Unterkonto zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig unterhält der Kreditnehmer auf seinem laufenden Konto ein Guthaben. Ist dies der Fall, sollten Kreditnehmer unbedingt darauf hinwirken, dass neben den Sollzinsen auch die Habenzinsen miteinander kompensiert werden. In diesem Fall berechnet die Bank dann lediglich die Differenz zwischen den beiden Kontensalden!

Prüfen Sie vor allem das Kreditzusageschreiben Ihrer Bank im Anschluss an die Verhandlungen auf seinen Inhalt, ob es auch mit den mündlich getroffenen Vereinbarungen übereinstimmt.